Für Erich Kasses ist Brotbacken mehr als Bäckerhandwerk – viel mehr. Der Bäckermeister aus der kleinen Ortschaft Thaya verkörpert wie kaum ein anderer Vertreter seiner Zunft die neue Philosophie des Backens. Weg vom Brot als industriell gefertigtes Nahrungsmittel, hin zum Brot als Lebensmittel.
Ums Leben dreht sich die Backkunst von Erich Kasses, denn im Mittelpunkt stehen sehr lebendige Wesen, ohne die gutes Brot nicht gebacken werden kann. Kasses „Haustiere“ nämlich, wie er seine Sauerteigkulturen liebevoll nennt. Mit ihnen beschäftigt sich der Bäckermeister seit Jahrzehnten. „Sauerteig ist Leben. Er reagiert auf Umwelteinflüsse wie ein Mensch“, erklärt er. Und damit Sauerteig sein wertvolles Wirken beim Brotbacken entwickeln kann, bedarf es vor allem einer Zutat: Zeit. „Ich weiß, dass mein Großvater alles richtig gemacht hat und mache daraus kein Geheimnis: Wenige Zutaten, viel Zeit!“ Dieser Philosophie folgend finden sich in der „Waldbauernflade“, dem „Ciabatta Rotondo“ oder dem „Vollwertlaib“ – um nur ein paar der hervorragenden Brote aus dem Hause Kasses zu nennen – ausschließlich Mehl, Wasser, Salz und eben Sauerteig.
Das Wissen um die Kunst der Sauerteigkultivierung hat Erich Kasses von Anfang an, seit der Übernahme des Familienbetriebes vor mehr als 30 Jahren, fasziniert. In einer Zeit, in der das Bäckerhandwerk in der Krise war und auch der junge Bäcker Kasses nach einem Weg suchte und ihn schließlich fand: „Ich bin zu den Wurzeln des Handwerks zurückgekehrt“, erzählt er. Mit großem Erfolg. Denn Kasses wurde nicht nur in den exklusiven Klub der „Slow Bakery“ aufgenommen, sondern beliefert mittlerweile mehr als 40 Verkaufsstellen und die Topgastronomie in Wien.
Diese außergewöhnlichen handwerklichen und kaufmännischen Erfolge der Bäckerei Kasses werden bereits bald von der nächsten Generation der Familie weitergeführt, denn Erich Kasses plant seinen Rückzug aus dem Geschäft und wird den Betrieb an seine Töchter Laura und Lena übergeben. Den beiden Jung-Bäckerinnen steht die Freude ins Gesicht geschrieben, wenn sie über ihre zukünftigen Aufgaben und die Verantwortung sprechen. „Es sind sicher sehr große Fußstapfen, in die wir treten und es ist eine echte Challenge. Aber wir werden an der Herausforderung wachsen“, ist sich Laura Kasses sicher.
Selbstverständlich sind mit dem Generationenwechsel auch Änderungen geplant. An der Philosophie des langsamen Brotbackens wird sich natürlich nichts ändern, aber die über die Jahre recht üppig gewordene Produktpalette soll etwas gestrafft werden – und ein eigener Kasses-Shop in Wien wird eröffnet. Sicher werden Wiens Brot-Gourmets auch davor Schlange stehen und geduldig auf die Lieferung ihres geliebten Brotes aus dem Waldviertel warten.
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